Kiezkonzert 2015 im Bürgerhaus Wilhelmsburg

 

Schüler organisieren selber ein Konzert? Pah!
Und dann noch ein klassisches-in Wilhelmsburg? Undenkbar!
Meint man. Stimmt aber nicht!

Die Patenschülerin der Nelson-Mandela-Schule im Tonali15-Wettbewerb, die junge Cellistin Nadja Reich aus Zürich, gab am 12.12.15 ein Konzert im Kleinen Saal des Bürgerhauses Wilhelmsburg.

Nikolai, Toni und Aleksi aus dem 10. Jahrgang der NMS gelang es mit Hilfe ihres Teams, das die professionellen Kiez-Plakate hängte und ihnen moralisch zur Seite stand, sowie der eifrigen, professionellen Unterstützung durch Katja Scheer, BüWi, dieses zu organisieren:

Ganz neu, ganz anders ist dieses Konzert, fängt in Stille, im Dunkeln an mit dem Prélude aus der 5. Suite für Cello Solo von  J. S. Bach. Ganz Ohr, ganz offen da das Publikum, das bis zum Ende gebannt bleiben wird.

Anders Hören

Das Konzert war überschrieben mit der Frage „Hören wir eigentlich nur mit den Ohren?“ Der Versuch einer Antwort stellen Reichs eigene, immer wieder eingefügte Improvisationen dar: Sie sind ein moderner, reizender Ohrenschmaus! Geschickt nutzt Reich das Medium Zeichnung, denn ihre musikalischen Impulse werden beim Hören gleich durch Corinna Reich, Sängerin, freie Künstlerin und Mutter der Cellistin, mit einer Linie „mitgeschrieben“. So entstehen grafische Bilder, Hörskizzen, die musikalische Linien klären und bei der Entdeckung helfen.

„Hören wir eigentlich nur mit den Ohren?“ Wir hören die Beschreibungen der Oberstufenschülerin Betül der NMS zum „Allegro non troppo“ aus der Sonate in e-moll für Cello und Klavier von Johannes Brahms. Der Hamburger gelingt Nadja hervorragend, transparent, facettenreich, mitnehmend! Auch hier wird das hohe Niveau der jungen Musikerin deutlich, das für die Qualität von Tonali zeugt.

Und wieder ein Methodenwechsel: da begegnen sich Cello und Violine, gespielt durch Maria Reich; von vorne das Cello, erst vorsichtig aus dem Hintergrund, dann auf die niedrige Bühne zuschreitend und klar klingende Violine. „Hören wir eigentlich nur mit den Ohren?“

Weberns „Drei kleine Stücke“ oder ein Rondo von Dvorák dürfen wie Silvestros „Postludium zum zusammenfassenden Abschluss des Konzertes nicht unerwähnt bleiben, beweisen sie doch eine harmonische, an-reizende und wohl geratene Zusammenstellung  des kurzweiligen Konzertes.

Impulse

Neue Impulse, neue Entdeckungen und Begegnungen durch klassische Musik? Ja! Hier haben sich junge Menschen eine Karte gekauft, die sonst nie und schon gar nicht freiwillig in ein klassisches Konzert gehen würden.

Und sie kommen wieder? Hoffen wir, dass nicht alle, aber zumindest noch mehr klassische Konzerte es schaffen, solche Brücken für „Klassik-ungeübte“ Menschen zu bauen!

Wagen wir weiterhin solche Schritte in eine neue, erweiterte Musikkultur, denn sie begeistern auch Musikliebhaber!

Toll Tonali! Ein Hoch auf die Kiezkonzerte!

Elisabeth Hintze

Fotos: Georg Tedeschi