ForumTheater Wien gastiert in der NMS

 

Ein Drama im Unterricht zu lesen ist das eine. Dieses Drama als Theateraufführung zu erleben, ist das andere. Am 28. Januar gastierte das ForumTheater Wien mit Lessings „Nathan der Weise“ in unserer Aula.

Der 11. Jahrgang hatte sich im Deutschunterricht eingehend mit der Epoche der Aufklärung beschäftigt und in diesem Zusammenhang Lessings Parabel „Nathan der Weise“ untersucht. Fragen wie „Was ist ein aufgeklärter Mensch?“, „Welche Religion ist die richtige?“ oder „Was muss ich tun, um mit Menschen anderer Glaubensrichtungen gut zusammenzuleben?“ standen dabei im Mittelpunkt – ein Thema, das gerade bei unserer multikulturellen Schülerschaft, die natürlich unterschiedlichen Religionen angehört, von höchster Bedeutung ist.

Die darin liegende Brisanz hob auch das ForumTheater in kurzen Ansprachen zu Beginn und am Ende der Aufführung hervor. Das Jerusalem von heute leidet unter denselben Problemen wie vor 240 Jahren, als Lessing sein wohl bekanntestes Werk schrieb, und die Unruhe im arabischen Raum, wo der fundamentalistische Islam gerade am Erstarken ist und die Menschen ihr Verhältnis zur Religion neu definieren müssen, bringt große Verwerfungen mit sich. Der „Nathan“ bleibt also ein höchst aktuelles Stück!

Die fünf Mitglieder des Tourneetheaters hatten das Stück auf seine wesentlichen Aussagen geschickt reduziert. Nathan überzeugte durch seine souverän vorgetragenen Überlegungen und die Darstellerin der Haushälterin Daja sorgte durch ihre frische und unbekümmerte Präsentation für die nötige Unterhaltung. Am überraschendsten war jedoch der Tempelherr. Liest er sich im Drama noch als ruhiger Endzwanziger mit einer gewissen Lebenserfahrung, erkennt man durch die Darstellung auf der Bühne, dass es sich um einen aggressiven jungen Mann handelt, der sich plötzlich über beide Ohren verliebt, was für ihn heftige Identitätsprobleme mit sich bringt.

Gerade weil ein großer Teil unserer Schülerinnen und Schüler wenig Erfahrung mit Theaterbesuchen hat, kann diese Aufführung als Bereicherung empfunden werden. Ein Stück zu lesen ist das eine – doch erst auf der Bühne füllt es sich mit Leben.

MG